Das Fagott

Allgemeines u. Geschichtliches | Bau u. Aussehen | Das Rohrblatt | Das Kontrafagott | Bibliographie

 

Allgemeines und Geschichtliches

Das Fagott (engl.: the bassoon, frz.: le basson) gehört zur Familie der Holzblasinstrumente. Der Name stammt wahrscheinlich aus dem Italienischen: il fagotto = das Bündel (von Röhren).

Die musikalische Voraussetzung für den Bau von Bassinstrumenten war die Einführung der Bassstimme im Chor um 1450. Das Fagott entstand aus dem Bedürfnis nach einem tiefen und beweglichen Blasinstrument, das klanglich gut in den Holzbläserchor passte. In Spanien und Italien hat sich der Gebrauch des Fagotts zur Verstärkung des Chorbasses bis tief ins 19. Jh. erhalten.

Kanonikus Afranio baute um 1520 ein Instrument namens Phagotum, welches bei seiner Vorführung bereits fagotto genannt wurde. Viel Ähnlichkeit mit den zeitgenössischen Vertretern seiner Gattung hatte es jedoch nicht. Im MGG1 wird es folgendermassen beschrieben:

"Der Konstruktion nach war es eine Sackpfeife mit Doppelklar. Es ruhte auf dem Knie, war 47cm hoch und mit einer Schnur um den Hals befestigt. Der linke Arm bediente einen Fellsack, der rechte einen Blasebalg. Die beiden parallellaufenden zylindrischen Röhren aus Buchsholz wurden mit einfachen Rohrblättern aus Silber bzw. Messing geblasen. Wesentlich neu war, dass die beiden Röhren U-förmig miteinander verbunden waren. (...) Der Klappenmechanismus war für damalige Verhältnisse ausserordentlich gut entwickelt und dem der zeitüblichen Instrumente weit voraus."

Phagotum des Kanonikus (Quelle: MGG)


In der Frühgeschichte des Fagotts (zweite Hälfte des 16. Jh.) gab es grosse terminologische Schwierigkeiten. Man trifft auf Namen wie Bassbomhart, Basspommer, Dulzian oder Fagat. Der Name Dulzian könnte sich ausser der durch die Knickung milderen Tongebung (dulcis = süss) auch von der gegen Ende des 16. Jh. möglichen verbesserten Anblasetechnik und Rohrverfertigung herleiten. Die engl. Bezeichnung bassoon findet sich erstmalig 1706 im Philips Dictionary.

Dulziane des 16. Jahrhunderts (Quelle: MGG)

Die ursprüngliche Aufgabe des Fagotts war, wie schon gesagt, die Begleitung des Chores. Später (und heute noch) wurde es stark in der Kammermusik verwendet. Sehr schnell nahm das Fagott Einzug in Militärkapellen und Orchester. Heute haben mittlere Orchester drei, grössere vier Fagotte, wobei das Kontrafagott in beiden Fällen selbstverständlich ist.

Mögliche Zusammensetzung
eines Sinfonieorchesters:

Eine wichtige Epoche begann um 1700, als das Fagott vermehrt auch als selbständiges Soloinstrument verwendet wurde. Bedeutendster Komponist ist Antonio Vivaldi (1678-1741), welcher erstaunliche 38 Solokonzerte schrieb. Ebenfalls bekannte Fagottkonzerte stammen von K. Stamitz (1745-1801), F. A. Pfeiffer (1754-1787), W. A. Mozart (1756-1791), Chr. L. Dietter (1757-1822) oder C. M. von Weber (1786-1826), um nur ein paar Beispiele zu nennen. Andere Komponisten sind E. Ozi (1754-1813), F. Devienne (1759-1803) und im 20. Jh. zum Beispiel P. Hindemith (1895-1963) oder W. Hess (1906-1997). (Liste unvollständig)

Top

 

Bau und Aussehen

Fagotte werden heute grundsätzlich auf zwei verschiedene Arten gebaut: Es gibt das französische und das deutsche oder Heckelsystem. Die beiden Typen unterscheiden sich geringfügig im Bau sowie in der Klangfarbe. Ein deutsches Fagott klingt eher dunkel und voll, wogegen ein französisches etwas nasaler tönt und somit klanglich näher beim Fagott der Barockzeit ist. Verantwortlich für die Entwicklung des deutschen Systems waren vor allem der Fagottist Karl Almenräder (1786-1843) und Johann Adam Heckel (1812-1877). Letzterer gründete 1831 die heute so renommierte Wilhelm Heckel GmbH.

Wen es interessiert: Höhe des Instrumentes: 1.37m, Gesamtlänge: 2.59m. Zum Bau eines Fagotts benutzt man möglichst gleichmässig gefasertes, nicht zu schnell gewachsenes und sehr lange getrocknetes Ahornholz. In die entsprechend zugeschnittenen Rohstücke wird dann in jahrelanger Arbeit allmählich die Röhre gebohrt, wobei in ständiger Beobachtung jene Stücke, die sich verändern, ausgeschieden werden. Der Bau in Teilen wurde um 1650 ungefähr gleichzeitig wie bei Flöten und Oboen üblich.

Ende 18. Jh. hatte das Fagott vier bis sieben Klappen. Der Klappenmechanismus wurde im Laufe der Zeit ständig verbessert und umfasst heute ca. 24 Klappen, welche gewöhnlich aus Neusilber sind (versilbert oder hart vernickelt, damit sie nicht durch den Fingerschweiss angegriffen werden). Sie ermöglichen eine erstaunlich virtuose Spielweise, die viele dem Fagott auf Grund seiner Grösse gar nicht zutrauen würden.

Mein
Fagott
kurz
nach der
Revision
im Herbst
2001
 

Klappen für den
linken Daumen

Klappen für den
rechten Daumen

Top

 

Das Rohrblatt

Das Mundstück ist ein wichtiger und zugleich sehr heikler Teil des Fagotts. Da es aus zwei gegeneinanderschwingenden Lamellen besteht, wird es Doppelrohrblatt genannt. Als Material benutzt man vorwiegend Schilfrohr, welches in Südfrankreich extra zu diesem Zweck angebaut wird. Besitzt man die speziellen (und teuren) Hobelmaschinen, kann man ganze Schilfrohre verarbeiten. Diese schneidet man zuerst in entsprechende Stücke und drittelt sie dann der Länge nach. Danach hobelt man den mittleren Teil ab. Hölzer in diesem Stadium kann man auch kaufen (was ich tue).

Als nächstes spannt man dieses Blatt ein und schneidet die Ränder ab.

Dann legt man es eine Weile ins Wasser, knickt es über einem Messer in der Mitte, umwickelt es fest mit einem Faden und befestigt die vorderste Zwinge. Denn hinteren Teil ritzt man ein und presst das ganze auf einen sogannten Dorn, wodurch die runde Form gegeben wird. Nach dem Befestigen der noch fehlenden zwei Zwingen befindet sich das Rohr im "Puppen"-Stadium. In diesem Zustand sollte es vor der Weiterverarbeitung mehrere Tage gelagert werden.

Nun werden alle Zwingen nachgezogen, die hinterste stark gekürzt und schliesslich der (Faden-)Wickel gemacht.

Der letzte und bei weitem schwierigste Teil des Rohrbaus ist das Schaben oder Schleifen. Es braucht viel Übung und Erfahrung, bis man seine Rohre so herrichten kann, dass man mit ihnen zufrieden ist. Die folgenden Abbildungen zeigen ungefähr den Bereich, den man relativ dünn schaben muss, damit das Rohr optimal schwingen kann.

Ganz links: Original

Top

 

Das Kontrafagott

Der tiefste Vertreter der Doppelrohrblatt-Instrumentenfamilie ist das Kontrafagott. Die Röhre ist drei bis viermal geknickt und hat eine Gesamtlänge von 5.93 Metern. Das Kontrafagott wird im Sitzen gespielt und am Boden aufgestützt.

Kontrafagotte

Ein barockes Kontrafagott

Früher wurde auch die Röhre des Kontrafagotts nur einmal geknickt, was dann solch riesige Gebilde zur Folge hatte, welche wahrscheinlich gar nicht so einfach zu spielen sind...

Top

 

Bibliographie

1Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG). Kassel: Bärenreiter, 1949-
2Encyclopædia Britannica. Online Lexikon.
3Musik auf der Oberstufe. Amriswil: Verlag Schweizer Singbuch Oberstufe, 1991.

Evolution...

Top